Di., Apr. 9th 2024
In einer bahnbrechenden Entscheidung bestätigt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Klimabedenken und fordert die Schweiz auf, den Klimaschutz zu verstärken, was eine nationale Debatte auslöst.
Die Schweizerische Energie-Stiftung SES bezeichnet das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu den Klima-Senioren als einen historischen Sieg. Das Urteil weise den Weg in die Zukunft, schrieb die SES am X.
Es handelt sich um eine Beschwerde von vier Frauen und dem Verein KlimaSeniorinnen Schweiz, deren Mitglieder allesamt ältere Frauen sind, die sich Sorgen über die Folgen der globalen Erwärmung für ihre Lebensbedingungen und ihre Gesundheit machen. Sie sind der Ansicht, dass die Schweizer Behörden trotz ihrer Verpflichtungen aus der Konvention nicht genügend Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern.
Urteil der Großen Kammer
Damit ist es nun offiziell, dass die Schweiz zu wenig getan hat, um die Bevölkerung vor der Klimakrise zu schützen, so der SES.
Dieses Urteil hat im gesamten politischen Spektrum Widerhall gefunden. Die Sozialistische Partei (SP) bezeichnete es als eine deutliche Ermahnung an den Bundesrat.
Mattea Meyer, Co-Präsidentin der SP, unterstreicht die Notwendigkeit proaktiver öffentlicher Investitionen, um die ökologische und energetische Wende in der Schweiz zu beschleunigen. "Ein unmissverständlicher Aufruf zum Handeln", sagt sie.
Umweltgruppen, darunter die Climate Protection Association, sehen in dem Urteil eine Bestätigung ihrer langjährigen Bedenken. "Es ist eine Bestätigung unserer Warnungen", erklären sie und drängen auf entschlossenere Klimaschutzmaßnahmen.
Jürg Grossen von der Grünliberalen Partei (GLP) sieht in dem Urteil eine Bestätigung dafür, dass die Schweiz trotz ihrer technologischen Leistungsfähigkeit bei den Klimainitiativen zurückliegt. "Es ist höchste Zeit zur Selbstreflexion und zum Handeln", betont Grossen und verweist auf die zentrale Rolle kommender Gesetze wie des Elektrizitätsgesetzes.
Mike Egger von der SVP bezeichnet das Urteil als "absurd" und kritisiert die Einmischung der Justiz in politische Belange. Er argumentiert, dass die Fortschritte der Schweiz im Umweltbereich, insbesondere bei der Verringerung der Treibhausgasemissionen und des Energieverbrauchs, übersehen werden und führt einige Herausforderungen auf die "massive Einwanderung" zurück.
Für den Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Strassburg "völlig unverständlich". Das Gericht verstehe die Schweizer Demokratie nicht, sagte er mit Blick auf das revidierte CO2-Gesetz, das 2021 an der Urne abgelehnt wurde.
Den Bundesrat allein für dieses Nein verantwortlich zu machen, sei "ein Witz", sagte Wasserfallen am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Und dank den Mitteln der direkten Demokratie können die Menschen in der Schweiz ihren Anliegen Gehör verschaffen.
Wasserfallen mag dem Urteil aus Straßburg keine allzu große Bedeutung beimessen. Es sieht relativ politisch motiviert aus, sagte er.
Dieser Fall dokumentiert die rechtliche Anerkennung des Klimawandels als reales und ernstes Problem. Die Urteile dieser Gerichte sind jedoch keine Garantie dafür, dass Änderungen vorgenommen werden. Dies ist ein europäisches Gerichtsurteil, keine Schweizer Gesetzgebung.
Die Richter haben deutlich gemacht, dass sie der Meinung sind, dass das Klima und die Gesundheit besser geschützt werden müssen. Die Wahl der Mittel würden sie der Schweiz überlassen. Das Urteil schreibt dem Bund nicht vor, was er konkret tun muss, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Die Massnahmen müssen nun in der Schweiz diskutiert werden.
Potenziell könnten alle Staaten des Europarats, die die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) unterzeichnet haben, betroffen sein. Das Urteil "ist ein Präzedenzfall, man kann sich vorstellen, dass es Auswirkungen auf mehr als 40 Länder hat", sagte Mahaim. Die Schweiz hat die EMRK im Jahr 1974 ratifiziert.
©Keystone/SDA