Di., Nov. 14th 2023
Der grüne Parteipräsident Balthasar Glättli zieht die Konsequenzen aus der Wahlniederlage seiner Partei und tritt im nächsten Frühjahr von seinem Amt zurück. Er ist das Gesicht dieser Niederlage. Für einen neuen Aufschwung braucht es neue Kräfte an der Spitze der Partei.
Dies teilten die Grünen am Dienstag mit, nachdem das Schweizer Radio (SRF) darüber berichtet hatte. Ursprünglich hatte Glättli seinen Rücktritt erst nach den Bundesratswahlen vom 13. Dezember bekannt geben wollen, um die Kandidatur von Gerhard Andrey für einen FDP-Sitz nicht zu stören. Nun ist die Nachricht früher durchgesickert.
Der Zürcher Nationalrat hatte die Geschäftsleitung der Grünen Partei bereits am Tag nach den nationalen Wahlen vom 22. Oktober 2023 über seinen Rücktritt informiert, wie die Partei schreibt. Der nationale Vorstand und die Parlamentsfraktion wurden Anfang November informiert.
"In einer Partei gibt es die Verantwortung, im richtigen Moment nach vorne zu treten und Herausforderungen anzunehmen", wird Glättli in der Medienmitteilung zitiert. "Und es gibt die Verantwortung, im richtigen Moment einen Schritt zurückzutreten."
Es sei nun an der Zeit, den Staffelstab weiterzugeben, sagte Glättli in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Die grossen Ambitionen der Partei für die Wahlen seien verfehlt worden. Ziel war es, den glorreichen Wahlsieg von 2019 zu bestätigen, was nicht erreicht wurde. "In gewisser Weise bin ich das Gesicht dafür."
Eine detaillierte Analyse der Fehlentwicklungen wird folgen. Laut Glättli ist es die Aufgabe seines Nachfolgers, die Grünen wieder in die Erfolgsspur zu führen.
Die Grünen haben bei den Wahlen 3,4 Prozentpunkte an Wähleranteil verloren. Sie werden in der kommenden Legislatur fünf Mitglieder weniger im Nationalrat haben. Auch die Zahl der Sitze im Ständerat dürfte von fünf auf drei schrumpfen.
Ein Teil der Wählerschaft wechselte vier Jahre nach der historischen Klimawahl zur SP, wie Nachwahlbefragungen zeigten. Andere Sympathisanten der Grünen gingen im Gegensatz zu 2019 nicht mehr wählen. Glättli sagte im SRF-Bericht zu diesen Ergebnissen, seine Partei habe vielleicht einen zu eng gefassten Wahlkampf geführt.
Die Wahlniederlage seiner Partei sei aber nicht nur sein Verdienst, so Glättli weiter. Auch für das historisch beste Ergebnis der Grünen im Herbst 2019 sei er nicht allein verantwortlich.
Bezüglich der Nachfolge sagte Glättli, er könne sich ein Führungsduo gut vorstellen. Die Parteispitze sollte jünger und weiblicher sein. Die Entscheidung über die neue Parteispitze treffen die Delegierten der Grünen an ihrer Versammlung am 6. April 2024.
Nach Angaben der Partei ist das normale Verfahren für die Präsidentschaftswahlen bereits im Gange. Der Parteivorstand wird am 17. November eine Findungskommission einsetzen und der Landesvorstand wird am 16. Dezember aus seinen Reihen eine Wahlkommission bilden. Auch eine Ko-Präsidentschaft ist im Gespräch.
©Keystone/SDA