Brians Anwalt in Dielsdorf: "Brian ist kein Unmensch".
Veröffentlicht: Dienstag, 31. Oktober 2023, 13:10
Aktualisiert am: Mittwoch, 1. November 2023, 00:55
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Am zweiten Prozesstag in Dielsdorf betonten die Anwälte von Brian am Dienstag, dass der 28-Jährige "nie gefährlich war". Er sei nicht das Monster gewesen, als das er von der Staatsanwaltschaft und den Medien dargestellt worden sei. Die Urteilseröffnung findet am 8. November statt.
"Brian braucht nur eine Chance, er wird sie ergreifen. Lassen Sie ihn frei", sagte Brians Anwalt in seinem Plädoyer. Nach Ansicht des Anwalts ist die Isolationshaft ausschließlich für die rund 30 Vergehen verantwortlich, für die Brian erneut vor Gericht steht.
"In der Einzelhaft im Pöschwies-Gefängnis musste er sich eine Beschäftigung suchen und sich Anreize schaffen. Das gelang ihm, indem er die Wärter beschimpfte und Dinge beschädigte. Nur dieser Wille zum Widerstand bewahrte ihn vor dem Wahnsinn.
"Der Staat befindet sich im Krieg mit Brian"
Nun aber fordert der Staatsanwalt eine Haftstrafe von 9 Jahren und 7 Monaten "für eine Liste von Bagatelldelikten". Dies sei völlig überzogen. "Der Staat führt einen Krieg gegen Brian, weil er sein Anderssein nicht akzeptieren kann", so der Anwalt weiter.
Das Anwaltsteam fordert die Freilassung des Gefangenen und eine finanzielle Entschädigung, die in die Millionen gehen könnte. Die Anwälte berufen sich auf Präzedenzurteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Demnach wird jeder Tag der Folter mit 2000 Franken entschädigt. Für die Anwälte ist eine so lange Isolationshaft eindeutig eine Folter.
Tatsächlich ist die Einzelhaft für maximal 15 Tage erlaubt. Alles, was darüber hinausgeht, ist eigentlich eine Menschenrechtsverletzung. Doch Brian sass von August 2018 bis Januar 2022 alleine in einer Zelle, also mehr als drei Jahre. Im Januar 2022 wurde Brian ins Gefängnis Zürich verlegt, seither hat er Kontakt zu Mitgefangenen und eine Tagesstruktur. Sein Verhalten hat sich deutlich verbessert.
Freigabe als "großes Experiment
Ein Sachverständiger hatte jedoch eine mögliche Entlassung am ersten Verhandlungstag als "großes Experiment" bezeichnet. Brian konnte sich an Situationen anpassen, aber er war kein anderer Mensch geworden. Seine Persönlichkeitsstruktur war immer noch unverändert, da er jede Therapie ablehnte. Konflikte mit ihm konnten immer noch schnell eskalieren.
Dem Bericht zufolge weist Brian Anzeichen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägten psychopathischen Zügen auf, hinzu kommen ADHS und Depressionen.
Bei der schwersten neu angeklagten Straftat, der versuchten schweren Körperverletzung, warf Brian angeblich eine Glasscherbe in Richtung eines Vorgesetzten. Die Aufsichtsperson wurde oberhalb des Auges verletzt. Hinzu kommen drei Fälle von einfacher Körperverletzung, sieben Fälle von Sachbeschädigung, fünf Fälle von Bedrohung und 19 Fälle von Gewalt und Drohungen gegen Behörden und Beamte.
Auch Brian wurde am Dienstag von der Verhandlung ausgeschlossen, weil er nicht in Hand- und Fussfesseln vorgeführt werden wollte. Das Bezirksgericht Dielsdorf wird sein Urteil am 8. November eröffnen.
©Keystone/SDA