Schlechte Noten für die Pflanzenschutzmittel-Verordnung

Published: Monday, Apr 1st 2024, 10:01

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Die Totalrevision der Pflanzenschutzmittel-Verordnung erhält in der Vernehmlassung schlechte Noten. Landwirte und SVP fordern die automatische Umsetzung der EU-Zulassungen. Umweltschutz und Grüne wollen die Schweizer Standards beibehalten und pochen auf den bundesrätlichen Pestizidreduktionspfad.

Mit der Totalrevision will der Bundesrat die Zulassung von Pestiziden, Herbiziden und Fungiziden optimieren und an die EU angleichen. Die Verordnung sieht auch den Einbezug von Umweltorganisationen in das Zulassungsverfahren vor.

Grundsätzlich sieht der Gesetzentwurf vor, Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln zuzulassen, wenn sie in der EU zugelassen sind. Ausnahmen bleiben möglich. Der Bundesrat will auch die Kosten für das Zulassungsverfahren übernehmen. Derzeit werden nur zwei Prozent übernommen, neu sollen es 40 Prozent sein.

Ziel vereitelt

Die Vernehmlassungsantworten sind fast einhellig negativ. Die SVP lehnt die Vorlage ab. Sie würde das Ziel einer schnelleren Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz praktisch vereiteln. So sollte ein Produkt, das in einem EU-Land mit einem vergleichbaren Agrarsektor zugelassen ist, auch in der Schweiz zugelassen werden.

Doch genau das würden die der Verwaltung eingeräumten Möglichkeiten zur Verschärfung der Vorschriften und das Beschwerderecht für Umweltverbände verhindern. Eine automatische Übernahme von EU-Zulassungen sei zielführender, schreibt die Partei. Die FDP hat sich nicht geäussert. Auch auf der Website der SP konnte bis Ostern keine Stellungnahme gefunden werden.

Das Zentrum begrüsst die Totalrevision mit Vorbehalt. Die Anerkennung von EU-Zulassungen würde den Zulassungsstau bei Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz auflösen. Allerdings befürchtet die Partei, dass eine schweizerische Zulassungspflicht bestehen bleiben soll. Wie die SVP lehnen auch die Zentrumspartei und der Bauernverband eine Gebührenerhöhung ab.

Bundesrat bricht sein Wort

Die Grünen lehnen die Revision "in ihrer Gesamtheit" ab. Mit dem neuen Zulassungsverfahren würde der niedrigste Umweltstandard mit dem größten Gesundheitsrisiko von jedem EU-Land, das der Schweiz entspricht, übernommen werden. Das Schutzniveau wäre sogar tiefer als in der gesamten EU. Zudem würden Parlament und Bundesrat im Vorfeld der Pestizid- und der Trinkwasserinitiative ihr Wort brechen. Damals versprachen sie einen ehrgeizigen Pestizidreduktionspfad. Mit der vorliegenden Vorlage geschieht das Gegenteil.

Die Grünliberale Partei begrüßt die Totalrevision. Die Schäden durch die hohe Pestizidbelastung seien jedoch unbestritten, schreibt sie und verweist auf das Artensterben und die Wasserverschmutzung. Eine Absenkung des Schutzniveaus komme deshalb nicht in Frage. Die GLP verweist auch auf Initiativen und Versprechen im Zusammenhang mit den Initiativen.

Die Umweltallianz von Greenpeace, Pro Natura, VCS, WWF, Birdlife und der Stiftung Energie fordert, dass der Schweizer Umweltschutzstandard erhalten bleibt. Dazu gehört eine unabhängige Zulassung. Durch die Neuerung könnten 50 problematische Wirkstoffe - darunter zehn sehr gefährliche - ohne Prüfung zugelassen werden. Der Imkerverband Apisuisse erinnert an die Bedrohung der bestäubenden Insekten.

Beschwerdeführer sollten zahlen

Der Schweizerische Bauernverband hat wegen des seiner Meinung nach fehlenden Pestizideinsatzes bereits mehrfach die Alarmglocke geläutet. Er fordert eine umfassende Revision des Gesetzes. Die Totalrevision muss in eine Agrar- und Ernährungsstrategie eingebettet sein. Die EU-Zulassungen müssen automatisch und innerhalb der verbindlichen Fristen der EU übernommen werden. Und wer reklamiert, muss die Kosten tragen.

Der Verein Swiss-Food bedauert, dass der Landwirtschaft immer weniger Wirkstoffe zur Verfügung stehen. Da die Schweiz der EU beim Verbot von Pflanzenschutzmitteln folgt, sollte sie im Gegenzug auch die EU-Zulassungen übernehmen.

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse fordert die Sistierung der Vorlage. Er verweist auf eine parlamentarische Initiative für einen modernen Pflanzenschutz und eine Motion für die Anerkennung von EU-Zulassungen, die von National- und Ständerat gutgeheissen wurden.

©Keystone/SDA

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